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Dolomiten – Top Landung Marmolada
Die Dolomiten, mit Langkofel, Sella Gruppe, Sass Pordoi und
Marmolada, gruppiert um Canazei als touristisches Zentrum, bieten im
Herbst eine der eindrucksvollsten Fluggebiete der Alpen. Kein Flieger
kann sich der Faszination entziehen, vor 800 Meter Hohen Steilwänden in
die Thermik einzusteigen und in kürzester Zeit auf über 3000 Meter
wieder auszusteigen. Regelmäßige Basishöhen über 3500 Meter ermöglichen
bei klarer Luft einen atemraubenden Blick bis an den Alpenhauptkamm.
Die Dolomitensaison beginnt in 2015 sehr früh. Für den 27.-31.08.2015
hat Volker Schwanitz vom
DHV Wetter
eine gute Phase vorhergesagt. Was für ein Glück, dass dies ideal mit
meinem Urlaub zusammenfällt. Zu dieser frühen Zeit ist noch
Urlausbsaison in Italien und in Canazei/Campitello ist der „Bär los“.
Dafür kaum Flieger in der Gegend und eine vollkommen entspannte
Situation am Start und auch in der Luft. Kein Vergleich zu Ende
September/Anfang Oktober, wo praktisch jeder Fleck am Ostkessel mit
Piloten belegt ist und im Minutentakt am Landeplatz gelandet wird.
Eine Hochdrucklage mit schwachem bis maximal mäßigen Wind ist die
Voraussetzung für gutes Dolomitenwetter. Kaum Wind ist perfekt, da die
Windrichtung dann weitgehend unbedeutend ist und er immer von der
kräftigen Thermik überlagert wird. Idealerweise kommt der Wind aus
südlicher bis südwestlicher Richtung. Die Thermik war laut
Alptherm von kaum bis mässig vorhergesagt. Wobei kaum Thermik im
Herzen der Dolomiten relativ ist. Bei mässiger Thermik wird diese
bereits eher zu stark. Die ideale Wetterlage: stabiler Hochdruck über
mehr als zwei Tage, kaum Wind und schwache Thermik.
Standardroute nach Südwesten in die Rosengartengruppe
Die Piloten starten am Col Rodella am Ost, bzw. Südstart. Eine gute
Alternative bieten die Hänge unterhalb der Grohmannspitze, die gemütlich
in 30 Minuten erreichbar sind. Die Windsituation im Ostkessel ist
manchmal schwierig zu durchschauen. Alle Windmesser sollten Wind von
vorne anzeigen, ansonsten die Situation kritisch überdenken. Bei
unklarer Situation, unterschiedliche Richtung der Windmesser, entwickeln
sich Scherwinde/Dust Devils. Am 31.08.2015 zogen zwei über den Rand des
Ostkessels und haben Schirme mehrere Meter über den Boden gehoben. Wenn
diese Situation auftritt ruhig bleiben, zusammenpacken und an den
Südstart wandern. Dieser zeigt dann meist vollkommen unproblematische
Bedingungen durch den Talwind aus dem Fassatal.
Normalerweise wird an der Südseite des Col Rodella aufgeachtert und
sobald es der Luftraum zulässt in die Thermik eingedreht. Häufig bringt
der Thermikschlauch einen sofort bis auf 2800 Meter, was einen einfachen
Wechsel an die Grohmannspitze zulässt. Dort weiter aufdrehen und an den
Plattkofel (2969 Meter) wechseln, der meist die höchste Basis anzeigt.
Weiter geht der Weg in den Rosengarten, vorbei an der Gartlhütte (Rifugio
Re Alberto I), Vajolet Türme, Rosengartenspitze immer das Fassatal
entlang. Die Eindrücke sind grandios, es ist beeindruckend an diesen
Felswänden zu fliegen. Am Ende der
Rosengartengruppe entweder weiter in die
Latemar
Gruppe oder zurück. Für ein FAI Dreieck bei Moena das Tal queren,
den Gratverlauf nach Osten. An dessen Ende den zweiten (östlichen)
Wendepunkt setzen. Anschließend nach Norden halten, östlich an der
Marmolada vorbei und soweit es die Bedingungen zulassen im Norden den
letzten Wendepunkt setzen.
Wir fliegen den bekannten Weg zurück und machen am Langkofel maximale
Höhe und queren an den Piz Ciavazes. Dieser bildet mit 2828 Meter den
südwestlichen Eckpfeiler der Sellagruppe. Die Südseite trägt
normalerweise gut, die stärkste Thermik ist aber an den Sellatürmen zu
finden. In der Südwand des Piz Ciavazes findet man klassische Kletterei
wie Abramkante, Schubert, Micheluzzi und einige moderne
Sportklettertouren bis zum 10ten Grad. Häufig kann man die Kletterer im
Vorbeiflug im steilen Gemäuer beobachten. Weiter geht es an die Westwand
des Sass Pordoi (2950 Meter), der meist mit sanftester Thermik
aufwartet, was ein extrem nahes Fliegen an die Felswände ermöglicht.
Insbesondere bei einer schwachen Westlage geht es mit konstantem Steigen
bis über Gipfelhöhe. Als Gleitschirmflieger ist man den Touristen am
Gipfel ein perfektes Motiv.
Der nächste Sprung geht an den Belvedere, ein Wiesenberg, der die
stärkste Thermik und die nötige Basishöhe für die Querung zur Marmolada
bietet. Idealerweise kommt man mit ausreichend Höhe über dem Belvedere
an. An normalen Tagen kommt der Wind aus dem Fassatal was auch einen
tiefen Einstieg in die Thermik ermöglicht. An „sonderbaren“ Tagen geht
es im Lee nach unten ohne Möglichkeit wieder hochzukommen. Wir sind
jedoch mit Gipfelhöhe vom Pordoi abgeflogen und haben kein Problem, in
die starke Thermik einzusteigen, die uns wieder auf über 3000 Meter
bringt.
Mit dieser Höhe queren wir an die Südseite des Grand Vernell, ein
kegelförmiger Ausläufer der Marmolada. Der Grand Vernell ist der nächste
Thermikofen, dessen Südseite uns zuverlässig an die Basis bringt.
Entweder geht es direkt mit kräftiger Thermik bereits auf über 3400
Meter oder aber wir hangeln uns an der Südseite der Marmolada Schritt
für Schritt an die Basis und damit auf Gipfelhöhe der Marmolada.
Die Marmolada ist mit 3343 Meter der höchste Berg der Dolomiten. Sie
bricht nach Süden in einer geschlossenen, zwei Kilometer breiten und bis
zu 800 Meter hohen Steilwand ins Ombrettatal ab. In der Südwand wurde
Klettergeschichte geschrieben. Bekannte Routen wie Gogna, Vinatzer,
Moderne Zeiten, Weg durch den Fisch bieten grandiose Kletterrouten für
Könner. Auf der Nordseite fällt die Marmolada vergleichsweise sanft zum
Passo Fedaia ab und trägt den größten Gletscher der Dolomiten.
Bis hierhin wird die Route häufig geflogen, entweder jetzt weiter nach
Osten oder zurück an den Col Rodella/Landeplatz. Man hat ca. 60 Km auf
dem GPS und einen „Scenic Flight“ erster Güte hinter sich. Die
Genußflieger können am Col Rodella jetzt in sanfter Thermik bis in den
Sonnenuntergang fliegen.
Marmolada – Top Landung am Gipfel
Allerdings bietet die Marmolada auch den seltenen Bonus einer Toplandung
am Gipfel, was gut überlegt sein will.
Der Auszug aus meinem Kommentar im DHV XC vom 31.08.2015.
„Unangenehmer kräftiger Südwestwind mit starker Tendenz zu West. Am
Oststartplatz gingen Dust Devils durch – sehr beeindruckend, wenn der
Schirm fünf Meter nach oben kreiselt. Problemloser Start am Süd. Aber
bei dem Westwind Einschlag war für mich der Rosengarten keine Option.
Butterweiche Thermik am Pordoi – ein Traum. Wenn es nur immer so wäre.
Super Bart diesmal am Belvedere und Querung zur Marmolada problemlos.
Trotz Westwind angenehmer Flug in der Südwand. Diesmal perfekt den
Winkel zur Toplandung gegen den Westwind erwischt und auf kleinem
griffigen Firnfeld gelandet. Es ist schon komisch, wenn man als einziger
oben einlandet und sonst kein Gleitschirm an der Marmolada zu sehen ist.
Viele Bergsteiger kommen über den Westgrat auf den Gipfel.
Der Gletscher ist durch den heissen Sommer sehr klein und fast überall
blank. Nur wenige kleine Firnfelder, die etwas besseren Stand bieten.
Oberhalb viel grobes Geröll (auf dem Bild die beste Stelle) und Müll
(Glasscherben/Dosen/Metall). Sehr unangenehm dort zu starten. Der Start
war heikel durch den kräftigen, wechselnden Wind. Man startet praktisch
schräg zum Hang und hat den Wind sehr böig von der Seite. Startabbruch
nur gleich nach dem Aufziehen möglich, ansonsten läuft man über den
blanken Gletscher und hat dann kaum mehr eine Chance. Es war ein großes
Abenteuer und ein toller Abschluss der fünftägigen Dolomitenwoche.“
Für jene die es wagen wollen einige Hinweise.
Situation:
- Gletscher stark ausgeapert und im Gipfelbereich alles
schneefrei.
- Grobes Geröll und einiges an Müll – Dosen, Glasscherben.
- Windfahne unterhalb der Hütte (Capanna
Punta Penia), kurz oberhalb des Gletschers. Diese zeigt meist
wechselnde Richtung an.
- Die Höhe spürt man bei körperlicher Belastung doch etwas.
- Es wird sicher besser, wenn es den ersten Schneefall gegeben
hat.
- Für den Abstieg über den Gletscher sind derzeit Steigeisen
nötig.
Anflug:
- Abflug an einem der letzten Zacken der Südwand mit etwa
Marmolada Gipfelhöhe. Es trägt bis zum Gipfel und man kommt nicht zu
hoch an. Damit muss man nicht mühsam die Höhe in der starken Thermik
abbauen.
- Landeanflug mit einer Wende am östlichen Ende des Gipfel nach
Westen, da der Wind fast immer aus Westen kommt.
- Über dem Gletscher ausholen und gegen den Wind in einer Schleife
einlanden. Es geht auch mit Rückenwind (umgekehrte Richtung), aber
dann auf flottes Tempo gefasst sein.
- Auf dem blanken Gletscher einen der derzeit seltenen
Schneeflecken mit Firn für die Landung suchen. Alles andere ist
momentan ziemlich blank und hart.
Start – derzeit heikel:
- Windfahne unterhalb des Gipfels bei der Hütte. Zeigt immer
wechselnden Wind, meist jedoch aus Westen an.
- Start nach Nordwesten. Auslegen auf einem Firnflecken. Das
Geröll ist ein Leinenkiller.
- Start schräg zum Hang, am oberen Ende des Gletschers.
- Startabbruch nur ganz früh möglich. Wenn man bereits in der
Beschleunigungsphase über dem blanken Gletscher ist, wird es knapp.
- Start in das Lee der Südwandthermik, mit langer
Beschleunigungsphase. Laufen so lange es geht und warten bis der
Schirm einen wirklich trägt. Jetzt keinen Fehler mehr machen, da
keinerlei Spielraum für Korrekturen möglich ist.
- Wende nach Südwesten, zwischen Grand Vernell und Marmolada
Gipfel auf die Südseite. Kann etwas ruppig werden, aus dem Lee
wieder auf die Luv Seite zu kommen.
Die Landung auf dem höchsten Gipfel der Dolomiten ist sicherlich ein
fliegerisches „Highlight“, verbunden mit einer gehörigen Portion Risiko,
das jeder selbstverantwortlich zu tragen hat.
Thomas Berchtold
Weitere Bilder auf youtube:
https://youtu.be/Ldc_Swr3s1Q
Hilfreiche Quellen:
Infos des DHV:
[weitere Fotos © Tobias Schreiner,
Daniel Wagner
u. R. Parl zur Grossansicht bitte anklicken]
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Stand: 2016 |
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Webcam
Hochries Weststart |
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Webcam Hochries Ost |
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Webcam Samerberg |
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